Peter Appelius: Wie wir zu Fischen wurden

PETER APPELIUS, geboren 1937 in Wien-Erdberg, ist Literat, Musiker, begeisterter Lobau-Liebhaber und einer der ersten Taucher, der die Altwässer der Lobau erkundete:

Wie wir zu Fischen wurden und mit Flossen zu schwimmen lernten

Ein Rückblick auf unsere ersten Unterwasserphotos im Jahr 1957 – mit einer tiefen Verbeugung vor Hans Hass, den Begründer des modernen Tauchens

ln meinem Geburtsjahr führte die Maturareise den 18jährigen Wiener Hans Hass an die französische Riviera. Dort traf Hass auf einen amerikanischen Journalisten, der mit einem Speer Fische harpunierte. Er hatte Tauchbrillen, wie sie auch die Perlentaucher in der Karibik verwendeten. Das war der Anstoß für Hans Hass, sich intensiver mit der Welt unter Wasser aus­einanderzusetzen.

Schon im Jahr darauf, 1938, unternahm er, bereits mit Unterwassergehäusen für Kleinbildkameras ausgerüstet, eine erste Tauchexpedition nach Dalmatien. Flossen, Tauchgläser und Schnorchel hatte Hass von der Firma Melzer in der Wiener Schelleingasse entwickeln lassen und mit einem Patent belegt.

Die Unterwassergehäuse ließ er sich, wie Hass berichtet, von einem „Kunstschlosser” anfertigen: Wir lernten Hans Hornicek über Freunde kennen und er hat uns 1956/57 beim Bau eigener Unterwassergehäuse beraten. 

Unsere kleine, naturbegeisterte Tauchgruppe hatte Hans Hass als strahlendes Vorbild und erzielte mit unzureichenden Mitteln beachtliche Erfolge.

Das Trainingsgebiet der Gruppe war anfangs der damals noch völlig isolierte Wiener Winterhafen, den wir gut mit Fahrrädern – zum Teil noch vorbei an russischen Wachtposten, die die damals in Sowjetbesitz befindliche ÖMV bewachten – völlig un­behelligt erreichen konnten.

Auf der Suche nach photogenen Gewässern landeten wir schließlich mitten in der Lobau, am Donau-Oder-Kanal, wo wir probeweise mit Gummianzügen und Press­luftgeräten tauchten und mit Ilford-Filmen die ersten Schwarzweiß-Unterwasserphotos machten.

Manchen Spätherbst haben wir damit zugebracht, Muscheln und Fische aus nahen, in Austrocknung befindlichen Au-Gewässern zu retten und in den Donau-Oder-Kanal zu verfrachten.

Das wahrhaft glasklare, photogene Wasser, nach dem wir immer auf der Suche waren, gab es in der Unteren Lobau nur im Lausgrund­wasser und im Gänshaufenwasser (in Verbindung mit der Brunnader), das Quellwasserqualität hatte, sprich Sichtweiten von vier bis fünf Metern bei einer Tiefe von etwa 1,5 Metern. 

Dort entstanden meine legendären, mehrfach ver­öffentlichten Aufnahmen eines Hechtes.

Heute ist dieser Altarm zugeschüttet, ausgetrocknet, und nur mehr bei starkem Hochwasser geflutet – ein klarer Beweis, dass sich die Sohle der Donau in diesem Bereich seit 1957 um gut 1,5 Meter eingetieft hat, was mit einer generellen Austrocknung, Versandung und Verbuschung der gesamten Lobau einhergeht.

Daher auch unser Aufschrei: Rettet die Lobau!

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