Untere Lobau / Überflüge: Stetiger Aufwärtstrend

Beharrlich nähert sich das Ausmaß der Überflüge über den Nationalpark Donau-Auen wieder dem Rekordniveau von 2019. Hält der Trend an, könnte der Rekord vielleicht bereits 2024 eingestellt werden.

Im laufenden Jahr gab es bis inklusive August knapp 24.700 Flugbewegungen über die Untere Lobau und den angrenzenden Teil des Nationalparks Donau-Auen in Niederösterreich – das entsprach 84 Prozent der Überflüge im Vergleichszeitraum von 2019. 2022 waren es bis August erst rund 59 Prozent. Der “Aufholprozess” verläuft hier derzeit etwas rascher als am Flughafen Schwechat insgesamt, wo bis inklusive August 82,5 Prozent der Flugbewegungen im Vergleichszeitraum von 2019 erreicht wurden.

Der Rekord von 2019 wird heuer wohl nicht mehr eingestellt werden, aber im kommenden Jahr dürfte es so weit sein – wenn der Flugverkehr weiter derart zunimmt.

Wer in Groß-Enzersdorf oder bei Aufenthalten in der Unteren Lobau dennoch den Eindruck hat, es sei bereits genauso schlimm wie früher, liegt nicht so falsch: Die Zahl der Landeanflüge erreichte mit rund 18.373 bereits fast 94 Prozent des Werts von 2019, und es sind die Landeanflüge, die aufgrund der geringen Flughöhe viel störender wirken als die Starts. Der höhere Anteil der Landungen ist offenbar der Wetterlage geschuldet, denn gelandet wird quer über die Untere Lobau nur bei Wind aus südlicher Richtung. Dass die Zahl der Starts noch um mehr als 35 Prozent niedriger war als 2019, ist ein schwacher Trost. (Nicht Ortskundige siehe Karte mit einem Flugspuren-Beispiel vom September 2021 unten!)

Der nachstehenden Grafik sind die Flugbewegungen über die Lobau seit Anfang 2019 bis inklusive November 2022 zu entnehmen, getrennt nach Starts und Landungen (Anklicken für größere Version).

Quelle: Linien- und Charterzahlen, eigene Berechnungen

Wien hinkt etwas nach. Der Aufschwung am Flughafen Schwechat hinkt übrigens der weltweiten Entwicklung etwas nach. Gemessen an Passagierkilometern (RPK, für “revenue passenger kilometers”) lag das Volumen des weltweiten Passagiergeschäfts bereits im 2. Quartal 2023 um 4,5 Prozent höher als im Vergleichsquartal 2019. (Quelle: IATA/International Air Transport Association, Quarterly Air Transport Chartbook.)

“Grüne” Trends in der Flugbranche. Dass der Flughafen Schwechat sich seit Jahresbeginn “als einer der ersten Flughäfen Europas” stolz “Green Airport” nennen darf, wurde hier bereits erwähnt (siehe Untere Lobau: Überflüge zuletzt bei 80 Prozent von 2019). Mit 45 Hektar Solarpanelen gelingt es nun, den Strombedarf des Flughafens mit erneuerbarer Energie zu decken. Abgesehen vom Greenwashing-Effekt ist dagegen nichts einzuwenden.

Einen weiteren “grünen” Trend in der Flugbranche, begrüßt und gepusht auch von der IATA (siehe Quarterly Air Transport Chartbook, S.9 ff.), hält der Autor dieser Zeilen aber für sehr bedenklich: den zunehmenden Einsatz sogenannter Sustainable Aviation Fuels als Beimischung zum Kerosin. Mangels Alternativen handelt es sich dabei derzeit großteils um HEFA-SPK (“Hydroprocessed Esters and Fatty Acids Synthetic Paraffinic Kerosine”) auf Basis pflanzlicher Öle aus Algen, Jatropha und Camelina (Leindotter). (Siehe Aviation biofuel, englische Wikipedia.)

Alles Agrarprodukte, die genausogut der Ernährung der Menschen dienen können und besser nicht in Flugzeugtanks landen sollten.

Man kann nur hoffen, dass dieser mit dem Klimaschutz begründete Unfug nicht Ausmaße wie die ebenso gerechtfertigte Erzeugung von Bioethanol aus Mais (als Kraftstoffzusatz) erreicht. Bloß ein Fünftel der Maismengen, die weltweit, insbesondere in den USA zu Ethanol verarbeitet werden, würde ausreichen, um die Unterernährung weltweit zu beseitigen (Stand 2020; siehe u. a. rpoth.at/blog, Wirtschaftsfaktor Mais.)

Flugverkehr: Infos für nicht Ortskundige

Quelle: flugspuren.at

Startende Flugzeuge (grüne Linien) überfliegen zwar ein größeres Gebiet, aber in der Regel in größerer Höhe, während Flugzeuge im Landeanflug (violette Linien) zwar eine schmale Einflugschneise nutzen, den Auwald aber in wenigen hundert Metern Höhe überfliegen, mit weit größerem Störpotenzial. Das betroffene Gebiet umfasst einen 400 bis 800 Meter breiten Streifen zu beiden Seiten der Zentrallinie der Überflüge. Die sich daraus ergebende Fläche von ca. 480 Hektar entspricht fünf Prozent der Gesamtfläche des Nationalparks, aber mehr als 20 Prozent des Wiener Teils!

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