Die Rache der Lobauschützer an der Stadt Wien ist das Archiv

In einem Artikel der Tageszeitung DER STANDARD wird am 26. April 2004 (!) alarmierend auf die dramatische Situation der Lobau hingewiesen – als wäre es gestern gewesen:

„Die Untere Lobau droht zu vertrocknen: Wissenschaftler der Universität Wien schlagen Alarm: Die Untere Lobau – Biosphärenreservat der UNESCO, Ramsar Schutzgebiet und Teil des Nationalparks Donauauen – droht zu vertrocknen. Der extreme Sommer habe die Situation noch weiter verschlimmert, erklärte der Gewässerökologe Thomas Hein. Dabei gäbe es bereits fertige Konzepte und Pläne, wie die Untere Lobau naturnahe bewässert werden könnte. So soll über die Neue Donau permanent Wasser eingebracht werden, und eine regulierbare Öffnung der Dämme zur Donau hin könnte endlich wieder die dringend nötige Durchströmung bei Hochwasser gewährleisten.“

Thomas Hein ist mittlerweile Leiter des Instituts für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Universität für Bodenkultur. 2022 kritisiert er die unverändert schlimme Situation in der Unteren Lobau notgedrungen und beinahe wortgleich wie 18 Jahre zuvor. Nichts ist seitdem im Sinne der Lobau politisch entschieden und veranlasst worden.

In der Rathauskorrespondenz, dem offiziellen Verlautbarungsorgan der Stadt Wien, wird eine Woche davor, am 20. April 2004 (!) darauf hingewiesen, dass die Stadt in dieser Angelegenheit sehr wohl Bescheid weiß:

“Wir sind uns dieses Problems bewusst”, nahm Senatsrat Dipl. Ing. Walter Redl, Chef der MA 45 – Wasserbau, zu heutigen Berichten über die aufgrund der zu geringen Durchströmung zunehmende Sedimentbildung im Bereich der Unteren Lobau Stellung. “Es gibt Verlandungstendenzen. Die derzeit auf Hochtouren laufenden Planungen zum ‘Verbesserten Donauhochwasserschutz für Wien’ nehmen gerade darauf Rücksicht: Über zwei Wehranlagen soll dem sensiblen Ökosystem in Zukunft ausreichend Wasser zugeführt werden. Durch dieses Projekt ist zum einen für einen gefahrlosen Abfluss von starken Donauhochwässern gesorgt, zum anderen wird das Naturparadies Lobau für die nächsten Generationen gesichert.” Derzeit wird bereits die Obere Lobau im Bereich Mühlwasser “dotiert”, das heißt, es wird Wasser aus der Neuen Donau in das Altarmsystem der Donau-Auen eingeleitet. Die Dotation soll in Zukunft um eine Einleitung über die Panozza-Lacke erweitert werden, was zusätzliche Wassermengen für die Untere Lobau bedeutet.“

Der Bau der zwei Wehranlagen, die das Naturparadies für die nächsten Generationen sichern sollten, wurde abgesagt. Die zusätzliche Einleitung von Wasser über die Panozza-Lacke ist 2022, 18 Jahre nach der Aussendung der Rathauskorrespondenz, noch immer in Planung.

Man hätte das Schicksal der Unteren Lobau sehr wohl im Auge, heißt es derzeit aus dem Rathaus. Man müsse nur noch ein paar Jahre prüfen, messen und überlegen, dann könne man vermutlich Entscheidungen treffen. Oder auch nicht.

Wir werden 2040 erneut berichten.

PS: Das für unseren Titel abgewandelte Originalzitat stammt vom 2001 verstorbenen, legendären Fernsehjournalisten Robert Hochner. Es lautet: “Die Rache der Journalisten an den Politikern ist das Archiv.”

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