Fatale Eintiefung der Donau: „Dringender Handlungsbedarf!“

Nach dem Wiener Nationalparkbeirat fordern nun auch der Niederösterreichische und der Orther Nationalparkbeirat Maßnahmen, um östlich von Wien die fatale Eintiefung der Donau zu stoppen.

Die Eintiefung im Bereich des Nationalparks Donau-Auen wird unmittelbar durch das Kraftwerk Freudenau verursacht, das den natürlichen Transport des Schotters am Grund der Donau verhindert. Der Schotter sammelt sich vor der Staumauer, flussabwärts wird er abgetragen. Ergebnis: Die Donau gräbt sich ein, der Wasserspiegel sinkt – und damit auch die begleitenden Grundwasserspiegel. Das trifft die Feuchtlebensräume des Nationalparks ebenso wie das Grundwasserwerk Lobau.

Es wäre – so der Niederösterreichische Nationalparkbeirat – „seit über drei Jahrzehnten keine ausreichende Maßnahme zur Geschiebezugabe bzw. Sohlstabilisierung erfolgt“ und somit bestehe „dringender Handlungsbedarf“.

Auf lange Sicht sei anzustreben, die Eintiefung nicht nur zu stoppen, sondern die abgetragene und ausgewaschene Sohle des Flusses und den dadurch gesunkenen Wasserspiegel sogar wieder anzuheben.

Konkret soll die Verbund AG (Betreiberin der Donaukraftwerke, darunter das Kraftwerk Freudenau) dazu verpflichtet werden, den von der Kraftwerkskette entlang der Donau zurückgehaltenen Schotter wiedereinzubringen – durch Entnahmen an Stellen, wo er sich angehäuft hat und durch Zugabe in jenen Bereichen, in denen sich der Fluss besonders eingetieft hat. Dies geschehe zwar laufend, aber keineswegs im notwendigen Umfang :

Statt wie bisher 235.000 m³ jährlich, müsste eine Schotterzugabe von 270.000 m³ vorgeschrieben werden. Die auf das gesamte Defizit von 340.000 m³ jährlich fehlenden 70.000 m³/Jahr liegen in der Zuständigkeit der Bundesverwaltung und wären dieser vorzugeben.

Die Stellungnahme des Niederösterreichischen Nationalparkbeirates wurde auf Empfehlung des Nationalparkbeirates von Orth an der Donau verfasst (Vorsitz: Dr. Walter Neumayer), der seit Jahren versucht, alle verantwortlichen Politiker, die Experten und Expertinnen  des Landwirtschaftsministeriums, des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, der Stadt Wien, die Nationalparkverwaltung und andere maßgebliche Institutionen davon zu überzeugen, dass nicht nur eine Stabilisierung, sondern vielmehr eine Anhebung der Donausohle angestrebt werden muss [Statement Nationalparkbeirat Orth 24-10-2025]

In der Folge hat der Niederösterreichische Nationalparkbeirat in seiner Sitzung vom 11. November 2025 einstimmig folgende Stellungnahme beschlossen (im vollen Wortlaut):

Maßnahmen gegen die Sohlerosion und das Absinken des Wasserspiegels der Donau gefordert

Der NÖ Nationalparkbeirat wurde als Gremium zur Sicherung der regionalen Interessen von der Niederösterreichischen Landesregierung im Nationalparkgesetz eingerichtet. Der NÖ Nationalparkbeirat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertreter aller niederösterreichischen zwölf Nationalparkgemeinden, der privaten Grundbesitzer, der Landes-Landwirtschaftskammer, des Landesjagdverbandes und NÖ Landesfischereiverbandes, der NÖ Wirtschaftskammer sowie der in Niederösterreich tätigen und landesweit bedeutsamen Natur- und Umweltschutzvereinigungen Naturschutzbund NÖ, Forum Wissenschaft & Umwelt, WWF Österreich, Umweltdachverband und BirdLife Österreich zusammen.

In seiner Sitzung am 11. November 2025 hat der NÖ Nationalparkbeirat einstimmig die nachfolgende Stellungnahme beschlossen, die an Herrn Bundesminister Norbert Totschnig in seiner Verantwortlichkeit für die Oberste Wasserrechtsbehörde gerichtet ist. Weiters wird die Stellungnahme dem Land Niederösterreich, Hrn. LH-Stv. Stephan Pernkopf, zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wird das Land Niederösterreich ersucht, sich aktiv an der Lösungsfindung zu beteiligen.

Der frei fließende Donauabschnitt von Wien bis zur Staatsgrenze unterliegt einer Sohlerosion des Flussbettes. Verursacht wird dies durch den Geschieberückhalt der Kraftwerke, durch die Streckung und Begradigung des Flusses im Zuge der Donauregulierung und durch eine Einengung des Fließbereiches aufgrund von Bauwerken des Schifffahrtswasserbaues (Buhnen, Leitwerke).

Seitens der Obersten Wasserrechtsbehörde wurde 2019 als Ergebnis einer Expertenrunde veröffentlicht, dass die Donau stromab des Kraftwerks Freudenau zur Stabilisierung der Stromsohle etwa 340.000 m3 an Geschiebezugabe pro Jahr benötigt. Dieser Geschiebemangel wird mit rd. 270.000m3 durch die Verbund AG verursacht (Geschieberückhalt durch die Donaukraftwerke) und 70.000 m3 sind eine Folge der Flussregulierung (verstärkter Geschiebeaustrag durch Begradigung und Einengung) und daher dem Bund bzw. viadonau anzulasten.

Die Sohlerosion hat seit 1996 (Errichtung Kraftwerk Freudenau und Einrichtung Nationalpark Donau-Auen) im oberen Teil der genannten Fließstrecke bereits ein Ausmaß von 30-60 cm erreicht, unten zur Stauwurzel des Kraftwerk Gaböikovo hin ist die Erosionstendenz geringer.

Die Absenkung der Flusssohle führt zu einer etwa gleich starken Absenkung der Nieder- und Mittelwasserspiegellagen der Donau, sodass weite Teile des Jahres davon betroffen sind. Als Folge dieser Entwicklung sind festzustellen:

    • Im Augebiet sind die Seitenarme in hohem Ausmaß trockengefallen, werden zunehmend durch Pflanzenbewuchs bestockt und geraten so in eine immer rascher ablaufende Verlandungstendenz. Auch Gewässervernetzungen bringen kaum noch Erfolg, weil die Gräben der Seitenarme bereits so hoch liegen, dass auch an die Donau angebundene Gerinne kaum noch durchströmt werden können.
    • Der Zustand der aquatischen Lebensräume und der aquatischen Lebensgemeinschaften wurde dadurch erheblich beeinträchtigt.
    • Die wirtschaftlichen Kosten der Wasserspiegelabsenkung sind erheblich: in der Fischerei, in der Forstwirtschaft, bei der Trink- und Nutzwassergewinnung und in der Landwirtschaft entstehen Schäden, welche viel höher liegen als die Kosten der Sohlstabilisierung.
    • Der Grundwasserspiegel hat sich entsprechend der Donausituation abgesenkt. Dies setzt sich bis ins Marchfeld fort und bedroht so nicht nur die Trinkwasserversorgung, sondern auch die Feldwirtschaft. Die isolierten Tümpel und Stillgewässer des Augebietes haben wesentliche Teile ihrer Wasserfläche verloren oder sind schon ganz verschwunden. Das für diese Region typische und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern sehr bedeutende Landschaftsbild wird dadurch dauerhaft zerstört.
    • Im Hauptfluss führt die laufende Absenkung der Stromsohle und des Wasserspiegels zu wasserbautechnischen Problemen bei der Stabilität der Wasserbauwerke und der Flusssohle im Bereich Kolke.
    • Der Auwald verliert den Anschluss an den Grundwasserkörper und die typischen Baumarten der Flusslandschaft verschwinden.
    • Das gesamte Augebiet verliert seinen Charakter und seinen ökologischen Wert. Das widerspricht nicht nur den niederösterreichischen Vorgaben, sondern auch EU-rechtlichen Bestimmungen.

Hinzu kommt, dass eine aktuelle Analyse der Donau-Wasserführung gezeigt hat, dass die Abflussmengen der Donau sinken und dadurch eine zusätzliche Absenkung der Wasserspiegellagen gegeben ist. Der Klimawandel beginnt nun also auch für die Donau wirksam zu werden. Umso wichtiger wäre es, dass wenigstens die unmittelbar kontrollierbaren Einflüsse wie die Sohlerosion endlich behoben werden.

Die Notwendigkeit der Sohlstabilisierung ist keine überraschende Aufgabe, sondern war bereits bei der Entscheidung gegen das Kraftwerk Hainburg und der Einrichtung des Nationalpark Donau-Auen bekannt.

Die Oberste Wasserrechtsbehörde hat 2019 in einem 21a-Verfahren (WRG) die vorgeschriebene Geschiebezugabe der Verbund AG auf 235.000 m3/Jahr angehoben.

Es ist erforderlich, dass die Verbund AG im vollen Umfang für die von ihren Kraftwerken zurück gehaltenen Geschiebe verpflichtet wird. Daher ist bei der aktuellen Evaluierung eine ergänzende Vorschreibung über die fehlenden 35.000 m3 vorzunehmen. Die dann fehlenden 70.000 m3/Jahr liegen in der Zuständigkeit der Bundesverwaltung und sind dieser vorzugeben.

Auf lange Sicht ist anzustreben, dass die erodierte Flusssohle und der abgesunkene Wasserspiegel wieder angehoben werden.

Der NÖ Nationalparkbeirat weist darauf hin, dass seit über drei Jahrzehnten keine ausreichende Maßnahme zur Geschiebezugabe bzw. Sohlstabilisierung erfolgt ist. Angesichts der fortschreitenden Sohlerosion und der damit verbundenen Absenkung des Wasserspiegels sieht der NÖ Nationalparkbeirat dringenden Handlungsbedarf.

Vor diesem Hintergrund ersucht der NÖ Nationalparkbeirat um eine Rückmeldung, wie mit dieser nachteiligen Entwicklung für den Lebensraum Donau östlich von Wien künftig umgegangen wird und welche konkreten Schritte zur Stabilisierung bzw. Anhebung der Flusssohle vorgesehen sind.

Vorsitzender
Johann Mayer

Stellvertreterin
Michaela Gansterer-Zaminer

[PDF Stellungnahme Donau-Eintiefung NÖ Nationalparkbeirat 11-11-2025]

Fotos: Manfred Christ, Robert Poth

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