In einer Presseaussendung vom 20. Mai 2025 fordert der WWF ins zukünftige Wiener Regierungsprogramm ein Rettungspaket für die Untere Lobau aufzunehmen.
Darüber wurde in zahlreichen Medien berichtet, unter anderem im ORF, wo für die Sendung „Wien Heute“ auch eine Stellungnahme der Stadt Wien eingeholt und wörtlich veröffentlicht worden ist.
Sie lautet:
„Die nachhaltige Absicherung der Trinkwassergewinnung ist gleichwertig den ebenso wichtigen naturschutz- und nationalparkkonformen Zielen im Wiener Nationalparkgesetz definiert.“
Wer immer dieses Statement „der Stadt Wien“ verfasst haben mag, hat damit endlich deklariert, dass für Wien der Nationalpark (die Lobau) dem Gesetz folgend den gleichen Stellenwert hat, wie die Trinkwassergewinnung.
In den vergangenen zehn Jahren hat das ganz anders geklungen. Nämlich genau umgekehrt.
Besorgte Wissenschaftler und Naturschützer wurden persönlich und in den Medien mit immer wiederkehrenden Worthülsen für dumm verkauft. Würde die Lobau vertrocknen und verlanden, hieß es, dann sei das halt so. Und man habe schließlich eine Verantwortung für die Trinkwasserversorgung und die sei prioritär. Nationalpark? Ja, eh.
Unter den Teppich damit
Dass die Lobau nur eine von zahlreichen Säulen der Wiener Wasserversorgung ist und dass es die Stadt Wien selbst war, die 2006 mit dem Stopp des Baus einer zentralen Grundwasseraufbereitungsanlage die Versorgung wahrhaftig aufs Spiel gesetzt hat, wurde und wird verschwiegen. Dass durch politisches Verschulden zwei andere große Wiener Grundwasserwerke bis heute nicht genutzt werden können, wurde und wird unter den Teppich gekehrt.
Mit der zugkräftigen Ausrede der Sicherung des „Trinkwassers“ verdammte man die Untere Lobau durch Nichts-tun zum Sterben.
Zehn Jahre lang rührte niemand einen Finger, weil 2015 eine diskussionswürdige Modellstudie ergeben hatte, dass eine Einspeisung von Wasser aus der Neuen Donau in die Untere Lobau das Grundwasser hygienisch gefährden würde.
Niemand zuständig
Am Ende der Studie wird zum neu konstruierten Gegensatz Wassergewinnung gegen Naturschutz festgehalten, dass „geeignete Lösungen dieses Konfliktes zukünftig noch entwickelt werden“ müssten. Dafür hat sich in der Folge jedoch niemand mehr zuständig gefühlt.
Erst als Wissenschaftler und Naturschützer unangenehmen medialen Wirbel verursacht hatten, begannen Politik und Verwaltung, sich der Sache im Schneckentempo anzunehmen.
Im Wiener Nationalparkgesetz steht übrigens wörtlich, eines von sechs wichtigen Zielen sei es, „den Wasserhaushalt des Auenökosystems zu schützen und zu verbessern, sowie den Grundwasserkörper als Reserve an hochwertigem Trinkwasser für Zeiten des Wassermangels zu sichern.“
Die erste Hälfte dieses Gesetzestextes haben Entscheidungsträger der Stadt Wien mindestens zehn Jahre lang beinhart ignoriert. Es wurde weder der Wasserhaushalt des Auenökosystems geschützt, noch wurde er verbessert, noch hat man sich darum bemüht.
PS: Das Argument, man hätte doch die neue Wasserzuleitung bei der Panozza-Lacke errichtet, geht ins Leere. Der Bau wurde aus Mitteln des Altlasten-Fonds finanziert, weil die Zuleitung nicht zur ökologischen Rettung der Lobau errichtet worden ist, sondern um die vielen Sperrbrunnen gefüllt und in Betrieb zu halten, die das ölverschmutzte Grundwasser unter dem Tanklager auffangen.
Was die fatale mathematische Modellierungsstudie und ihre Vorgaben betrifft, sei an den britischen Statistiker George Box erinnert und an dessen berühmtes Zitat: „Im Prinzip sind alle Modelle falsch, aber manche sind nützlich“ („Essentially, all models are wrong, but some are useful“)
Und sie wissen nicht, was sie tun!
Oder sie wollen nicht wissen, was sie zu tun hätten!
Oder sie tun nichts, obwohl sie es besser wüssten.
Aber: Wer nichts tut, kann sehr wohl vieles falsch machen!